Skip to main content

[[::Stellt euch vor, ein Computer wäre eine Werkzeug::]

Manchmal muss es einfach raus und heute ist so ein Tag.

Stellt euch vor, ein Computer wäre ein Werkzeug. Also nur mal theoretisch!

Stellt euch vor, ihr sitzt nicht im Büro sondern steht auf der Baustelle.

Stellt euch vor, ihr müsst Löcher bohren. In eine Wand. Jemand gibt euch eine Bohrmaschine... Sage wir mal... Von Hersteller Hilti.

Das ist gut. Denn Hilti kennt ihr. Ihr wisst, wo die Knöpfe sind, was ihr damit bohren könnt, was nicht, wie man umschaltet auf Hammer, wie man den Hammer rausnimmt und wie man ihn klein stellt.

Ihr wisst, wie man den Bohrer wechselt und dass man das Ding fetten muss. Und wenn ihr es nicht verdrecken lasst oder ins Wasser werft, hält das Ding eine ganze Weile. Ich hab so n kleineres von den Dingern daheim und wenn ich Glück habe gehe ich in Rente und kann dann immer noch mit dem gleichen Gerät daheim Löcher bohren. Und nein ich mache hier keine Werbung.

So. Das war der Montag. Heute ist Dienstag. Den habt ihr mit dem Wissen und Können über das Werkzeug, das ihr habt grad so rum bekommen. Und da kommt jetzt einer und drückt euch eine Bohrmaschine von Bosch in die Hand! Von Bosch (die Profi-Dinger sind da aber auch geil). Das geht mal gar nicht. Ihr kennt nämlich nur Hilti. Ihr habt immer nur mit Hilti gearbeitet und Bosch hattet ihr noch nie in der Hand. Da sind schon Knöpfe aber die Symbole sind andere. Ist das Symbol am Knopf unterm Zeigefinger jetzt gleichbedeutend mit dem Symbol auf der Hilti an der gleichen Stelle? Gleiche Stelle? Ne das sitzt schon ein bisschen anders. Irgendwie runder… Puh. Kann man nicht jemanden von den Jungs, die sich mit Bohrmaschinen auskennen fragen, wie das Ding jetzt an geht? Muss da auch der Stecker in die Steckdose? Wie rum? Das Kabel ist 1m kürzer. Damit kann ich nicht arbeiten! Da muss ich mir ja vielleicht eine Kabeltrommel holen. Passen da die Bohrer? Was sind das für Dinger, die wie Bohrer aussehen und in dem Koffer von diesem Bosch sind?

Ihr merkt schon, oder?

So. Jetzt ersetzt mal Bohrmaschine durch Office-Programm, Bosch durch (sind wir mal lustig) Microsoft Office und Hilti durch LibreOffice. Stellt euch vor, ihr dürftet heute nicht mehr mit LibreOffice arbeiten sondern man würde euch zwingen, mit Microsoft Office arbeiten zu müssen?

Als ich damals, vor meiner Zeit als IT-ler - und hier muss man echt mal die Qualität der Ausbildung aufm Bau Ende der 90er hochhalten, wie ich sie erlebt habe - Beton- und Stahlbetonbauer gelernt habe war ein ganz wichtiger Aspekt, dass man nicht lernt, wie Aufgabe X oder Y zu lösen ist sondern man hat Grundlagen gelernt. Darauf aufbauend, wie man verschiedene Dinge herstellt. Wie z.B. eine Wand, eine Bodenplatte, eine Fensterschalung, Wandschalung, Fliesen verlegen, Estrich, etc., einfach alles. Dann: üben, üben, üben. Sogar so, dass man auf der Baustelle in der Not ohne Tischkreissäge ans Ziel kommt, denn es könnte ja mal sein, dass das Ding kaputt geht und man eben mit der Hand auch mal was sägen muss. Oder man steht eben irgendwo im Dreck/Wasser und muss was absägen, dranmachen, umbauen, weil‘s schon knallt. Egal. Irgendwann hieß es nur noch: So soll das Werkstück aussehen, da auf dem Haufen liegt Material, mach.

Wir wurden nie auf irgendein Produkt getrimmt. Hochlochziegel, Ziegelsteine, Schalungen, Rahmenschalungen, Porenbeton. Ist doch egal, was da für ein Hersteller draufsteht. Auch hieß es: Wenn du das erste Mal einen Sack X in der Hand hast: Schau drauf, da steht drauf, wie er zu verarbeiten ist. Oder Stichwort Arbeitsvorbereitung und so.

So. Ja und jetzt? Also im Jahr 2021... Bin ich schon über 20 Jahre nicht mehr aufm Bau sondern in der IT und muss mit ansehen, wie viele Menschen einfach dastehen und nicht weiter kommen oder kämen, würde man ihnen einfach mal ihr gewohntes Office-Programm wegnehmen. Oder das Betriebssystem tauschen.

Schon bei den kleinsten Änderungen oder wenn eine Verknüpfung auf dem Desktop fehlt oder das Symbol nicht mehr stimmt, hörts auf.

Dabei ist mir schon klar, dass ein Computer viel komplexer ist als eine Bohrmaschine. Aber wie viel Prozent von deinem OS oder Office verwendet ihr denn? 10? 20? 30? Ihr müsst doch gar nicht programmieren können (probierts vielleicht mal, wenn sich die Gelegenheit ergibt) oder die Kiste einrichten, sich in größeren Umgebungen um die Netzwerksicherheit, Backup, etc. kümmern. Das macht doch eure IT.

Es ist doch (zugegeben mittlerweile) völlig egal. Alle gängigen Systeme können alle gängigen Formate lesen und schreiben und alle alltäglichen Aufgaben lösen. Was macht ihr denn viel damit? Bissl Formatierung, Einrückungen, etc. Ein paar Löcher bohren halt. Keine Rocketscience.

Ist doch egal, was da für ein Logo drauf ist. Ist doch egal, wo die Knöpfe jetzt im Detail sind. Was spricht denn dagegen, sich in etwas anderes einzuarbeiten? Oder sich einfach nicht engstirnig auf ein System festzulegen? Wenn morgen Hersteller X festlegt, dass der Knopf jetzt wo anders ist und anders aussieht muss man damit doch auch klarkommen. Ne Stunde oder zwei einarbeiten dann sitzt das doch.

Was mit dem Office egal ist ist auch beim Betriebssystem so. Ihr habt Datenträger, Netzlaufwerke, eine Verzeichnisstruktur mit Dateien, irgendwie könnt ihr Programme starten, einen Browser verwenden, Dateien bearbeiten, Musik hören. Ist doch alles das gleiche. Ob die Bohrmaschine jetzt grün, blau oder rot ist ist doch eigentlich egal.

Aber OMG die Fachanwendungen! Jaja… Das darf ich nicht vergessen. Stellt euch vor… Ihr dürftet PAX-Schrauben nur mit der Hilti schrauben. Also z.B. das Kataster X für Y geht nur mit Microsoft Office. Ja das ist wirklich so. Aber warum? Geht das nicht anders? Du bist Softwareentwickler und stellst dir gerade genau diese Frage? Keine Idee, wie das gehen könnte, oder wie du an die Infos kommen könntest, wie das gehen könnte? Dann sei bitte so gut. Nimm die Hand von der Maus, die Finger von der Tastatur und tritt zurück, bevor du dich überanstrengst oder dir ernsthaft weh tust.

Warum setzt man sich nicht hin und schafft ein Textverarbeitungssoftware- oder gar ein Office-Interface? Bibliotheken für alle gängigen Programmiersprachen, fertig. Oder man überträgt die Infos per… Puh keine Ahnung… URL? Das ginge dann direkt auf allen Betriebssystemen. WTF? Aus Webanwendungen raus. UND REIN! Viele Daten übertragen? Puh… Wenn‘s da nur schon irgendwie Lösungen gäbe… Ja ich hör jetzt auf 😉

Ich kann doch auch ausm Browser raus in die Amazon App springen oder in den Steam-Client. Wir (also ich) haben bei uns was gebaut, da können sich die User aus jedem Browser raus Drucker verbinden. Hab vor Jahren halt mal was mit nem Active-X-Control gemacht und die sind das gewöhnt. Tut mir ja leid. Aber es geht. Also stellt euch nicht so an. Ich wette, wenn die Open-Source-Welt voran geht, dauert es nicht lange, bis alle Hersteller mit aufspringen. Aus der Not heraus wie immer.

Und dann bitte: Warum gibt es heute immer noch Software, die nur auf einem Betriebssystem laufen soll? Wenn ihr inkompetent (sachliche Feststellung) seid dann (wenn aufhören keine Alternative ist) macht doch bitte wenigstens Open-Source draus dann kann sich jemand anderes darum kümmern, dass die Software auch auf anderen Betriebssystemen läuft oder macht sie webbasiert. Es gibt doch heute so viele tolle Programmiersprachen und Frameworks, mit denen man Anwendungen wie am Fließband aus dem Boden stampfen kann, die überall laufen. Ich sag nur Electron Framework. Stellt euch nicht so an. Das ganze fancy Zeug musste man früher zu Fuß machen.

Das gilt dann aber eben auch die, die die Software verwenden: Wenn ihr daheim nen neuen TV kauft setzt ihr euch auch hin und arbeitet euch ein. Oder eine Smartwatch, euer SmartPhone, der smarte Saugroboter. Muss jetzt aufhören mit diesem Wort sonst wird mir noch schlecht. Aber ein anderes Betriebssystem? Ein anderes Office? Eine andere Version des Fachverfahrens? Das macht doch alles das gleiche! Auch wieder… Und das meine ich echt konstruktiv: Stellt euch nicht so an!

Aber woher kommt das?
Liegt es an der Aus- und Weiterbildung?
Liegt es daran, dass wir nur noch drauf dressiert werden, dass wir unsere Arbeit und die Basics werden gar nicht mehr gelehrt?
Daran, dass wir gar kein Interesse mehr haben, zu verstehen, was wir da machen sondern wir wollen nur noch klar kommen, weil wir eh nicht mehr mitkommen?

Sind die, die sich noch mit den Grundlagen beschäftigen oder bissl über den Tellerrand schauen vielleicht andere Menschen? Ich bin ja jetzt nicht ganz so schlecht, zur Elite gehöre ich glaub ich noch nicht aber ob ich jetzt OS X oder Y oder Office X oder Y unterm Finger hab ist mir eigentlich egal. Gut. Ich hab mich immer so gut es geht um diese MS-Programmiersprachen gedrückt, weil ich die scheiße finde aber ich beherrsche sicher 20 andere so what? Mac kenne ich noch nicht. Ist in meinen Augen reiner Kommerz, brauchte ich auch nicht. Stell mir einen hin und ich arbeite mich ein.

Die Frage ist ja auch: Wie kommen wir da raus? Denn es wird ja nicht besser. Die Werbung erzählt, was wir alles brauchen und dass alles ja ganz einfach ist aber wir können ja bald nichts mehr kaufen, das nicht irgendwie smart gemacht wurde.

Dabei ist es nicht so! Es wird nicht einfacher. Alles wird nur komplizierter und abhängiger voneinander, vom Internet, vom WLAN, vom DSL-Anschluss, vom Handy, von irgendwelchen Servern, ständig Firmwareupdates, eingebauten Verfallsdaten, inkompetenten Menschen, die denken, sie müssten Software machen, die zunehmend unsicherer wird. Gleichzeitig werden Auswirkungen durch die zunehmende Verbreitung zunehmend größer und gravierender für die Betroffenen und und und.

Von der Medienkompetenz und der Sensibilisierung auf Datenschutz und Informationssicherheit vieler Menschen mal ganz abgesehen.

Müssen wir vielleicht "einfach" vermitteln, dass es egal ist, wessen Logo da drauf ist? Da ist die Wand. Bitte bohren!
Oder ist das ganze Zeug ohne, dass wir es gemerkt haben zu kompliziert für die geworden, die IT eben nicht noch zusätzlich zum Job als Hobby haben?

Oder müssen die Menschen, die mit IT arbeiten aber keine IT-ler sind einfach besser ausgebildet werden? Geht ja schon damit los, dass in manchen Gegenden (weit weg von hier natürlich oder frei erfunden die Story) manche Menschen vor Corona nicht wussten, dass sie eine Webcam benötigt, wenn sie an einer Videokonferenz teilnehmen möchten.

SO TIEF gehts runter...

Ich weiß es leider auch nicht...

Dabei wäre mit Open-Source (ich mag ja lieber den Begriff Freie Software, weil man vereinfacht gesagt tun kann, was man will und es auch viel pseudo-Open-Source gibt) vieles leichter.
Damit ihr euch daheim hinsetzen könnt und z.B. mit Outlook üben könnt müsst ihr es kaufen. LibreOffice z.B. nicht. Ihr verliert also nichts. Kein Grund Angst zu haben. Andere Lösungen kosten erst mal Geld.
Dabei ist auch nicht alles, was Open-Source ist automatisch besser. Bin ja auch kein Fanatiker.

Unabhängig von der Open-Source-Thematik kann ich allerdings sagen, es lohnt sich.
Setzt euch mal (daheim oder im Büro ist egal) hin und schaut euch das Werkzeug, mit dem ihr den ganzen Tag arbeitet, an. Geht auf Schulungen. Macht Onlineschulungen, kauft euch Onlinekurse, schaut Youtube-Videos. Auch wieder: Egal! Jede Stunde, die ihr investiert kommt zig-fach zurück an leichterem Arbeiten und sichererem (im Sinne von, man weiß, was man tut) Arbeiten und am Ende kommt ihr leichter durch den Tag. Oder glaubt ihr wirklich, dass es Nerds zufliegt? Müsst ja gar keine*r (an der Stelle wollte ich auf das Gendern dann doch nicht verzichten) werden. Einfach das Werkzeug beherrschen, mit dem ihr den ganzen Tag arbeitet.